Das Gebäude des Bundesrechnungshofes wird 1953/54 als Sitz des Ministeriums für Post und Fernmeldewesen errichtet.

Bundesministerium für Post und Fernmeldewesen 1953/54–1988

Bundesrechnungshof seit 2000

Auf einem alten Fabrikgelände am Rhein entsteht für das Post- und Fernmeldewesen 1953/54 der erste Ministeriumsneubau in Bonn. Heute hat hier der Bundesrechnungshof seinen Sitz.

Rund anderthalb Kilometer liegen zwischen dem Bundeshaus, in dem ab 1949 das Herz der deutschen Demokratie schlägt, und der Zweiten Fährgasse, an der sich bis in die dreißiger Jahre eine Steingutfabrik befindet. Auf dem Gelände dieser Fabrik, die zuletzt für Villeroy und Boch produziert, entsteht 1953/54 der erste Neubau eines Ministeriums: das Bundesministerium für Post- und Fernmeldewesen.

Schwarzweiß-Fotografie mit Blick auf die bronzenen Tierplastiken an der Backsteinfassade des heutigen Bundesrechnungshofes
Die Bronzeplastiken von Hans Wimmer schmücken die rheinseitige Fassade des heutigen Bundesrechnungshofes, 1962.

Es begreift sich als Tor zur Welt. An der Fassade, die dem Rhein zugewandt ist, hängen als einziger Schmuck fünf Bronzetiere des Bildhauers Hans Wimmer. Jedes dieser Tiere an der Rückseite des „Kontinentensaals“, der ursprünglich auch als Konzert- und Veranstaltungssaal für die Stadt gedacht ist, steht für einen Erdteil, alle gemeinsam für die welterschließende Tätigkeit der Post. Die ist damals noch ein staatseigener Betrieb und das Postministerium ihre „Zentralbehörde“.

Als die Planungen für das Gebäude 1950 beginnen, sind die Mitarbeiter des Ministeriums noch im alten Bonner Stadthaus am Bottlerplatz untergebracht. Mit dem Neubau an der Fährgasse ist die Hoffnung verbunden, den Beginn des Regierungsviertels baulich zu markieren, und tatsächlich entsteht kurz nach dem Postministerium, das Ende 1954 bezugsfähig ist, südlich des Ministeriums auch schon das 1955 fertiggestellte Auswärtige Amt. Sie gehören zusammen mit der zum „Bundeshaus“ umgebauten Pädagogischen Akademie, dem Finanzministerium an der Rheindorfer Straße (1951–1954) sowie dem Presse- und Informationsamt an der Welckerstraße (1954/56) zu den wenigen Regierungsneubauten in Bonn vor dem Baustopp 1956.

Das Post- und Fernmeldeministerium am Rhein symbolisiert jene Kommunikations-Ära, die weder E-Mail noch Mobiltelefon und erst recht keine privatisierten Zustellunternehmen kennt. Seine Zeit ist die der Briefe, Postkarten und Briefmarken, der Wählscheibentelefone und Telefonzellen, der Debatten um Porto- und Telefongebühren, um ein zweites Fernsehprogramm in schwarz-weiß und um die Einführung der Postleitzahlen – die 1962 von der Hoffnung auf eine Wiedervereinigung zeugt: Für den Osten Deutschlands werden Zahlen reserviert.

Diese Zeit ist ebenso lange vorbei wie die deutsche Teilung, die Bonn einst zur Hauptstadt werden ließ: 1989 spaltet die Bundesregierung die Bundespost in drei öffentliche Unternehmen Bundespost Postbank, Bundespost Postdienst und Bundespost Telekom. Der gewaltige Behördenapparat fügt sich weder in den freien Wettbewerb Europas noch in das aufziehende Informationszeitalter. Fünf Jahre später erfolgt im Rahmen der „zweiten Postreform“ die Privatisierung – sie findet in Bonn, dem Sitz von DHL, Postbank und Telekom, ihren architektonischen Ausdruck im 2002 eröffneten „Post Tower“ nahe des „Langen Eugen“. Das Ministerium, das 1988 aus der Innenstadt in einen Neubau in den Rheinauen zieht, löst sich zum 31. Dezember 1997 selber auf.

In diesem Ausschnitt aus einem Werbefilm erklärt die Deutsche Bundespost die Einführung der Postleitzahlen, 1962.

Das Bürohaus an der Ecke Zweite Fährgasse/Adenauerallee steht trotzdem nicht leer. Es wird nach 1988 zunächst vom Auswärtigen Amt genutzt. 2000 zieht der vormals in Frankfurt beheimatete Bundesrechnungshof ein – eine Ausgleichsmaßnahme im Rahmen des Berlin/Bonn-Gesetzes.

Den Eingang in die lichte Treppenhalle ziert weiterhin ein Bronzeschild. Auch das stammt wie die Tiere auf der Rückseite des Gebäudes von Hans Wimmer. Es ist wie ein Postsiegel gehalten und zeigt auch in Zeiten, in denen ein staatliches Monopol der Post- und Telekommunikation so unvorstellbar ist wie jede Beschränkung des weltweiten Austauschs, den Bundesadler und die Umschrift „B(undes) M(inister) A(nno) D(omini) MCMLV“. Es hängt dort offenkundig seit 1955, dem Jahr der wiedererlangten Souveränität.

Dieser Ort ist Teil des Rundgangs Weg der Demokratie und der Architektur-Tour.

Wussten Sie schon ...

… dass der Bildhauer Hans Wimmer, von dem die Kunst am Ministerium stammt, 1964 auch das Mahnmal für die Opfer des Naziterrors an der Frankfurter Paulskirche gestaltet hat? Auf der Skulptur, die einen gefesselten Mann zeigt, sind die Namen von 53 Konzentrations- und Vernichtungslagern zu lesen.