Der Bonner Dienstsitz des deutschen Bundesministeriums für Wirtschaft im Ortsteil Duisdorf ist die ehemalige Gallwitz-Kaserne, 2010.

Bundesministerium für Wirtschaft

seit 1950

Die Gallwitzkaserne in Bonn-Duisdorf ist seit 1950 Sitz des Bundesministeriums für Wirtschaft. Nachdem Parlament und Teile der Bundesregierung nach Berlin umgezogen sind, nutzt das Ministerium den Standort als zweiten Dienstsitz.

Es ist das Eine, nach Gründung der Bundesrepublik in Bonn 1949 geeignete Räumlichkeiten für die neuen Ministerien zu finden. Das Andere ist: Wo kommt das Personal unter? Das Bundeswirtschaftsministerium soll in die vormalige Gallwitzkaserne ziehen. Dort ist genug Platz für die vielen Mitarbeiter vorhanden, die seit 1947 bereits in Frankfurt in der „Verwaltung für Wirtschaft“ für eine neue wirtschaftspolitische Ausrichtung der britisch-amerikanischen Besatzungszone gearbeitet haben.

Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard (CDU) blättert im Januar 1957 in seinem Dienstzimmer durch sein Buch "Wohlstand für Alle".
Zu hören ist ein Auszug aus seiner Bundestagsrede vom 9. Februaur 1950, in der Erhard von den Vorteilen der sozialen Marktwirtschaft spricht.

Die Suche nach Wohnraum für die Mitarbeiter verzögert den Umzug. Ludwig Erhard, eben noch Direktor der „Verwaltung für Wirtschaft“ in der amerikanischen und britischen Besatzungszone, jetzt erster Bundeswirtschaftsminister, weist auf das Problem wiederholt hin. Die Gallwitz-Kaserne in Duisdorf, die nach der Remilitarisierung des Rheinlands 1936 für 564 Soldaten und 400 Pferde gebaut wurde, füllt sich deshalb nur langsam. Abgeschlossen ist der Umzug erst 1951.

"Es ging darum, den Laden wieder aufzubauen. Diese Stimmung: 'Wir müssen anpacken. Wir müssen das hier in Ordnung bringen' [...] das war kein Wunder, das war harte Arbeit und eine vernünftige und erfolgreiche Wirtschaftspolitik."

Otto Graf Lambsdorff, 2005

Ludwig Erhard ist in den fünfziger Jahren, in denen sich das Leben in der Bundesrepublik allmählich von den Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegserfahrungen erholt, einer der populärsten Minister. Ein selbstbewusster und auch optisch standfester Mann. Als Direktor der Bizonenverwaltung in Frankfurt setzt er am 20. Juni 1948, dem Tag der Währungsreform, mit der in der amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszone die „D-Mark“ eingeführt wird, eigenmächtig alliierte Vorgaben zur Preis- und Wirtschaftslenkung außer Kraft – der Anfang der „sozialen Marktwirtschaft“ in Deutschland:

Die Grundsatzabteilung im Wirtschaftsministerium besetzt Erhard als Minister im Oktober 1952 mit dem Nationalökonom Alfred Müller-Armack, aus dessen Buch „Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft“ von 1946 Erhard bereits den Begriff der „Sozialen Marktwirtschaft“ übernommen hat. Müller-Armack will „das Prinzip der Freiheit auf dem Markte mit dem Prinzip des sozialen Ausgleichs“ verbinden.

Erhard selbst geht als „Mister Wirtschaftswunder“ in die Geschichte ein. In das Bundeswirtschaftsministerium in Duisdorf, das 1962 um einen „Ministerbau“ und 1972 um ein 14-stöckiges Hochhaus erweitert wird, ziehen nach seinem Wechsel ins Palais Schaumburg 1963 zwar immer wieder markante Persönlichkeiten ein – Sozialdemokraten wie Karl Schiller oder Liberale vom Schlage Otto Graf Lambsdorffs. Allein Ludwig Erhard aber hat es, die Zigarre ebenso in der Hand wie sein Buch „Wohlstand für alle“ von 1957, zur Ikone gebracht.

Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller bei einer Pressekonferenz 1969 im Bundeshaus, am Podium sitzend und den Journalisten zuhörend
Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller hört einem Journalisten zu bei einer Pressekonferenz der SPD im Fraktionssaal der Partei im Bundeshaus, 18. September 1969.

Das Bundesministerium für Wirtschaft hat noch heute seinen Zweitsitz in Bonn. Das Hochhaus „Haus K“ wird bis 2003 saniert und mit einer neuen Fassade versehen. Im östlichen Teil des Geländes entsteht seit 2017 ein Neubaugebiet mit über 500 Wohnungen.

Ludwig Ehrhard steht auf der Terrasse von Schloss Augustusburg. Er hat eine Hand in der Hosentasche, eine Hand mit Zigarre, und lächelt in die Kamera.
Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard lächelt am 13. September 1949 bei einem Empfang zu Ehren des Bundespräsidenten im Brühler Schloss Augustusburg in die Kamera. In der Hand hält er eine Zigarre, die zu seinem Markenzeichen wird.

Wussten Sie schon …

… dass Ludwig Erhard formal wohl kein CDU-Mitglied war? Bis 1949 galt er als Liberaler. Wirtschaftsminister, Bundeskanzler, ja CDU-Vorsitzender wurde er trotzdem.