Es sind keine Rentnerjahre: Bis 1983 ist Brandt Mitglied des Europäischen Parlaments, bis 1987 Vorsitzender der SPD und bis 1992 Präsident der Sozialistischen Internationalen. Man erlebt ihn bei der Bundespressekonferenz, wo er 1983 den zweiten Bericht der entwicklungspolitischen „Nord-Süd-Kommission“ präsentiert, in Ost-Berlin bei Gesprächen mit SED-Generalsekretär Erich Honecker, im Kreml bei Michail Gorbatschow.
Kurz vor seinem 77. Geburtstag reist er während des zweiten Golfkriegs 1990 für drei Tage nach Bagdad, um Saddam Hussein zur Freigabe von fast 200 ausländischen Geiseln zu bewegen. Am 20. Juni 1991 kämpft er als Bundestagsabgeordneter bei der Bonn-Berlin-Abstimmung für den Regierungsumzug nach Berlin.
Nebenher findet Willy Brandt, der 1971 den Friedensnobelpreis für seine Entspannungspolitik zwischen Ost und West bekommen hat, auch noch Zeit für seine Memoiren.
Es ist ein atemloses Leben. Wo immer Brandt hinkommt, steht er im Scheinwerferlicht. Im rechtsrheinischen Unkel, einem Städtchen mit 4.000 Einwohnern am Rhein, können er und seine neue Partnerin Brigitte Seebacher bei sich sein. Als er unheilbar krank ist, machen sich viele Weggefährten noch einmal auf, um in Unkel letzte Worte mit ihm zu wechseln. Michail Gorbatschow, der ohne Voranmeldung vor der Tür steht, wird irrtümlich für einen verkleideten Journalisten gehalten und fortgeschickt.
Aber auch Bundeskanzler Helmut Kohl besucht den Todkranken im Privathaus am Rhein. Sie reden über das Sterben, Brandts Leben und seinen Wunsch einer „Kanzlerbeerdigung“. Brandt bekommt sie, nachdem er am 8. Oktober 1992 in Unkel gestorben ist – in Berlin, wo seine Karriere begann.
Das Willy-Brandt-Forum ist Teil der Tour Kanzlerweg.